interview im rahmen der arbeit »die kunst des findens von etwas«

karolina rosina, 2012 

 

this interview is only available in german. 

karolina rosina: wie definieren sie intuition? 

andreas uebele: im prozess der gestaltung gibt es unterschiedliche formen der intuition. es gibt, selten genug, eine eingebung, oder eine idee: »so könnte man es machen!« selten geschieht das am anfang eines gestaltungsprozesses und so gut wie nie ist es ist eine gute lösung. dieser »einfall« – oder dieses »eine idee haben« haben, dieser kuss der muße ist immer auch das ergebnis einer werbung. aber was ist schon eine idee? sind solche einfälle nicht oft unfälle? brüchige, oberflächliche lösungen, weil sie nicht den prozess des wägens durchlaufen haben? diese »kreative ideen« nutzen sich visuell in kurzer zeit ab, es sind oberflächliche, armselige und hässliche arbeiten, wenn man sie nicht bienenfleißig weiterentwickelt, prüft, verändert, wiederum auf die waage legt, verwirft oder verwertet. 

 

oft ist die intuition wie eine erleuchtung. sie stellt sich ein, nach dem man verschiedene dinge ausprobiert hat, und feststellen muss: so geht es nicht. dann weiß man zwar noch immer nicht, wie es gehen kann, aber zumindest, wie nicht, was auch schon hilfreich ist. diese erleuchtung ist der lohn der mühe. 

 

auf die innere stimme zu hören ist auch eine art der intuition. gibt es mehrere design-varianten, und die frage ist zu beantworten, welche schöner ist, besser passt und angemessen ist, zeitloser oder auffälliger ist, zurückhaltender oder plakativer ist, wird dies mit der bauchstimme beantwortet. es ist ein zuhören auf die innere stimme, die offenbarung eines nicht erklärbaren gefühls für gestalterische dinge. wobei die kriterien der bewertung durchaus erklärbar sind. dieses gespür oder diese sensibilität für gestalterische dinge ist eine gabe, die man trainieren kann und die erfahrungen aus vielen trainigseinheiten reichern sich als sedimentschichten im »bauch« an. 

was heißt es für sie, kreativ zu sein? 

kreativ ist ein modisches wort, inflationär, unschön. wie viel schöner sind die begriffe einfallsreich, erfinderisch, erfindungsreich, fantasiereich, fantasievoll, findig, geistreich, gestalterisch, ideenreich, originell, künstlerisch, schöpferisch, ingeniös! und damit ist die frage beantwortet: sich nie mit dem mainstream zufriedengeben, nachdenken, hinterfragen, entwerfen und verwerfen. 

können Sie in vergangenen oder noch laufenden projekten konkrete momente im kreativen prozess festmachen, in denen sie genau sagen konnten, dass sie intuitiv gehandelt haben? 

ja, das passiert ständig. bei der bewertung von gestalterischen dingen ist die innere stimme ein guter ratgeber. wenn wir zu einem auftraggeber »nein« sagen oder wenn wir eine zusammenarbeit beenden, meldet sich dieser innere chor lauthals zu wort. diese entscheidungen gehören zwingend zu dem »kreativen prozess« genauso wie zufälle aufzunehmen und zuzulassen. 

greifen Sie in Ihrem kreativen prozess auf eine methode zurück, mit der sie intuition für sich fassbar machen? 

eine methode ist das gespräch. es ist ein wichtiges instrument zu beginn eines projektes, es ist die idee-komm-doch-bitte-endlich-maschine. man redet, trägt nicht mehr alleine – was entspannend ist – die verantwortung, da ein gegenüber mit am tisch sitzt, man wägt ab und kann in verteilten rollen reden (a ist gut gelaunt und hat super ideen, b hat schlecht geschlafen und nörgelt). in diesem gesprächsverlauf wird ein hefeteig angerührt, der immer wärmer wird und blasen wirft ...  

wann sollte man in der entscheidungsfindung auf seine intuition hören, wann nicht? haben sie damit auch schon negative erfahrungen gemacht? 

die innere stimme ist ein verlässlicher partner. sie ist aufrichtig, sie belügt einen nie, man muss ihr vertrauen. 

 

 

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